Im Notfall Leben retten
Die Ilzer Land-Beauftragten für Senioren und Menschen mit Handicap von BRK und Feuerwehr geschult
Perlesreut. Welche Problematiken entstehen bei nicht idealer Unterbringung im Eigenheim, wenn eine schnelle Notfallrettung eines pflegebedürftigen, bettlägerigen oder gehunfähigen Patienten erforderlich ist? Und wie kann man dem vorbeugen? Zu diesen Themen veranstaltete das Ilzer Land-Netzwerk in Kooperation mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und der Feuerwehr Freyung-Grafenau zwei Schulungsabende für die Senioren und Behindertenbeauftragten der zwölf Ilzer Land-Kommunen.
In der ersten Schulung beleuchtete der BRK-Pressereferent und Ausbilder Stephan Seidl anhand von Praxisbeispielen prekäre Situationen, die den BRK-Rettungskräften tagtäglich begegnen und die eine Notfallrettung wesentlich erschweren. Seidl widmete sich intensiv den Möglichkeiten, wie mit wenig Aufwand für mehr Sicherheit, Flexibilität und Hilfe in jeder Situation gesorgt werden kann. So stellte er die Funktionsweisen und Vorteile eines Hausnotrufs, spezieller Türschlösser und Seniorentelefone vor.
Beim Hausnotruf sei insbesondere ein Sender, der um den Hals getragen werden kann eine sinnvolle Maßnahme. Per Knopfdruck erhält eine Zentrale in Regensburg unmittelbar das Notrufsignal, woraufhin der Notdienst und eine persönliche Kontaktperson informiert werden.
Um dem Rettungsdienst die Auffindbarkeit des Hauses zu erleichtern, sollten alle Lichter im Haus eingeschaltet sowie eine Mappe mit Medikamentenplan, Versichertenkarte,Arztbriefen und Ausweisen (Marcumar, Schrittmacher) bereitgehalten werden.
Geeignete Türschlösser, die auch von außen geöffnet werden können, seien eine kosten
günstige, aber effektive Maßnahme,so Seidl.
Als wesentlichen Punkt sprach er zudem an, das Krankenbett bestenfalls im Erdgeschoss aufzustellen, denn ansonsten kann der Fall eintreten, dass die Rettungskräfte eine Feuerwehr-Drehleiter anfordern müssten.„Für die Rettungskräfte ist es außerdem eine große Erleichterung, wenn das Bett von beiden Seiten begehbar ist“, informiert Seidl. Nicht zuletzt gab Seidl den Ratschlag, sich genauer mit dem Kriseninterventionsdienst zubeschäftigen, der für die psychologische Begleitung und Strukturierung des alltäglichen Lebensweges Unterstützung bietet.
Zum Abschluss fasste Seidl zusammen,dass es Lebenretten kann, wenn bereits einige Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Er appellierte, dass sich jeder mit diesen Themen beschäftigten sollte. „Das größte Problem ist oft die mangelnde Aufklärung, daher versuchen wir das Bestmöglichste mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zu leisten“,so Seidl. Im zweiten Teil der Schulungsreihe informierte Thomas Thurnreiter, Kreisbrandinspektor des Landkreises Freyung-Grafenau, über Herausforderungen, Probleme und Lösungsansätze einer reibungslosen Notfallrettung. Zur Diskussion standen Probleme, die zum einen dem Betroffenen selbst, aber auch der Feuerwehr wiederkehrend begegnen. In der Gruppe wurden die verschiedenen Themen–von Pflege, über Mobilität, die Wohnsituation bis hin zu Selbstrettungsnahmen erörtert.
„Allein die Gewährleistung von Fluchtwegen erleichtert nicht nur die Arbeit unserer Einsatzkräfte erheblich, sondern kann für die Selbstrettung ein entscheidender Faktor sein“, klärte Thurnreiter auf. Haushalte, in denen für die Pflege von Angehörigen ein spezieller Umgang mit bestimmten Gerätschaften, wie beispielsweise einer Beatmungsmaschine nötig ist, ruft Thurnreiter dazu auf, vor abauf die örtliche Feuerwehr zuzugehen. „Dies ermöglicht, dass sich die Kräfte präventiv auf die sogenannte kalte Lage vorbereiten können, um im Ernstfall schnell und wissentlich agieren zu können.“
Für eine bessere Vorbereitung der Einsatzkräfte sei es auch besonders hilfreich, wenn beim Notruf alle „5 W’s“ (Was, Wo,Wie viele Betroffene, Welche Verletzung und gegebenenfalls Einschränkungen sind vorhanden und Welchen Umfang hat das Ganze)unmittelbar mitgeteilt werden.
Bauliche Verbesserungen oder der Umzug des zupflegenden Angehörigen ins Erdgeschoss sind weitere effektive Lösungen.
Thurnreiter sprach außerdem die Installation eines Hausnotrufs und Rauchmelders mit erhöhter Lautstärke, einem zusätzlichen großen, gut sichtbaren Blinklicht wie auch einer Funkvernetzung an.
Allen Beauftragten händigte er anschließend ein so genanntes „Notruf-Fax“ aus, das Ankreuzmöglichkeiten bereithält und als schriftlicher Notruf an die Notrufnummer 110 versendet werden kann. Erhältlich ist es bei den Senioren-und Behindertenbeauftragten in jeder Kommune.
Für alle Fragen rund um die Notfallrettung geschult; die Senioren- und Behindertenbeauftragten erhielten von Thomas Thurnreiter umfassende Informationen für mehr Sicherheit, frühzeitige Alarmierung und Warnung.
Während der Schulung und im Gespräch mit den Senioren und Behindertenbeauftragten hätten sich außerdem wichtige Fragen und Themen ergeben, die für die Schulung der eigenen Einsatzkräfte von großer Bedeutung sein können, ließ Thurnreiter am Ende wissen. „Pflege, Demenz und Aggressivität sind Themen, die immer stärker auf uns zukommen“, so Thurnreiter. Dass dies mit dem demografischen Wandel und der zunehmenden Alterung der Gesellschaft zu tun hat, daran hat der Kreisbrandinspektor keine Zweifel.„Umso wichtiger sind daher der beidseitige Austausch und eine hinreichende Aufklärungsarbeit“.
Die Senioren- und Behindertenbeauftragten haben in der anschließenden Gesprächsrunde beschlossen, in den Gemeindeblättern wiederkehrende Informationen zu Themen der Pflegebedürftigkeit zu veröffentlichen, um ihren Beitrag für mehr Aufklärung zuleisten. Zur Erstinformation: Für Pflegebedürftige bieten die Kassen eine Erstberatung an, gerade auch in Hinblick auf finanzielle Unterstützung. Am Landratsamt gibt es außerdem eine Beratungsstelle für pflegende Angehörige. Die Sozialdienste der Krankenhäuser sind weitere Anlaufstellen, die beratend zur Seite stehen, wenn es beispielsweise um die Beantragung eines Rollstuhls geht.